Die Auswärtspunkte holen die Raunauer Handball scheinbar beliebig. Schon der achte Auswärtssieg lässt das Punktekonto nun ausgeglichen dastehen. Wobei man den 26:30 Sieg bei der SG Kempten/Kottern nicht überbewerten darf. Zumindest ein Teil der Mannschaft darf aber sehr zufrieden sein.
Ab der 48. Spielminute, gerade einmal beim Stand von 22:24 trauten die mitgereisten Fans ihren Augen nicht. Trainer Udo Mesch griff tief in die Psycho-Kiste und ließ komplett die junge Garde ran. Die Routiniers Michael Thalhofer und Mathias Waldmann, die vorher noch nach einem schwachen Spiel in der ersten Halbzeit rechtzeitig die Kurve gekratzt hatten und die zweite Hälfte dominierten, mussten auf die Bank. Mesch ließ den Jungen, allen voran Oliver Blösch und Björn Egger zusammen mit Ferit Celik die Chance, einmal die entscheidende Phase zu gestalten. Auf der Tribüne gab es zwar warnende Worte, aber die Jungs hatten sich mit ihrem Trainingseinsatz, aber auch durch die Tatsache, dass sie im bisherigen Abstiegskampf immer in solchen Situationen passen mussten, den Einsatz verdient. Und sie machten es nicht schlecht. Nur beim 25:26 in der 55. Spielminute konnte man die Angst bekommen, dass das an sich relativ bedeutungslose Spiel noch kippen könnte. Aber ein schön herausgespielter Siebenmeter, den Lukas Konkel gewohnt souverän verwandelte und eine cleverer Konter von Oliver Blösch zerstörten die Hoffnungen der Allgäuer. Nach einer sehr guten ersten Saison müssen sie im verflixten zweiten Jahr wieder den bitteren Gang in die Bezirksoberliga antreten. Obwohl das schon vorher klar war, war ihnen der Wille deutlich anzumerken, wenigstens das Schwaben-Derby zu gewinnen. Doch auch die Absicht der Raunauer, in der Tabelle noch nach oben klettern zu wollen, erwies sich nicht als leere Worthülse. Dies und eben der Umstand, dass es einmal die Jungen gerichtet haben, gibt Optimismus für die neue Saison.
Dass dies nicht für den ganzen Spielverlauf gilt, lag auch an der beinahe schon erschreckenden körperlichen Überlegenheit der Kemptener. Das Bild, das sich anfangs auf dem Spielfeld bot, war schon seltsam anmutend. Auf der einen Seite der kleine Rückraum der Raunauer, mit keinem Spieler über 1,85 m und auf der anderen Seite das Bollwerk mit drei gefühlten Zweimetermännern. Nicht nur gefühlt gut über zwei Meter ist der Kreisspieler der Allgäuer Timo Walter. Die Anspiele an ihn und ihn selbst bekam die Raunauer Abwehr nie in Griff. Was wollten die Zwerge auch gegen den Riesen ausrichten. So war nach dem souveränen 1:3 schnell ein Rückstand zu verzeichnen. Beim 7:4 hatte Walter schon vier Tore auf dem Konto. Das zwangsläufige Team-time-out von Mesch musste aber auch an der Einstellung etwas ändern. Danach war das Spiel ebenbürtig. Erst vergebene Chancen der Raunauer ließen die SG wieder auf 13:10 davonziehen. Mit viel Einsatz und einem Konkel-Siebenmeter nach dem Halbzeitpfiff gelang noch der 14:13 Anschluss.
Nach dem 18:15 durch Walter musste sich Raunau steigern und tat das auch. Andreas von Kries machte einige Tore in Folge und Maxi Jekle entnervte nun Walter. Der vergab drei Großchancen und Raunau wendete das Spiel durch Tore von Boris Matzner, Waldmann und Oliver Kiebler. Danach durften die Jungen ran. Schöne Anspiele an Stefan Jordan, der mit seiner für ihn typischen Körperlichkeit die Siebenmeter herausholte, zeigten die Spielfähigkeit der Nachwuchstalente.
Torschützen: Lukas Konkel 8/5, Boris Matzner 4, Oliver Kiebler 4, Michael Thalhofer 3, Oliver Blösch 3, Andreas von Kries 3, Mathias Waldmann 2, Florian Gaedt 1, Stefan Jordan 1, Lasse Sadlo 1.